Die Insel der Zitronenblüten

Di 20.6. (18 und 20 Uhr) / Do 22.6. (17:30) / So 25.6. (13:00)

Die Insel der Zitronenblüten (Pan del limón con semillas de amapola)

Spanien/Luxemburg 2020; Regie: Benito Zambrano; Darsteller*innen: Elia Galera, Eva Martín, Mariona Pagés, Tommy Schlesser, Marilu Marini; FSK: ab 12; 122 Minuten

Vor langer Zeit hat das Schicksal die Schwestern Marina und Anna voneinander getrennt. Ihre Kindheit verbrachten sie gemeinsam in einem kleinen Dorf auf Mallorca, doch während Anna das Inselparadies nie verlassen hat, ist Marina als Ärztin um die Welt gereist. Als eine unbekannte Wohltäterin den beiden eine kleine Bäckerei vererbt, kehrt Marina in die Heimat zurück. Während sie den Gründen für ihre mysteriöse Erbschaft nachspüren, kommen Marina und Anna sich wieder näher… und schon bald weht der süße Geruch von frischgebackenem Brot durch die Straßen, der alte Geheimnisse aufwirbelt und den Sommer für die Schwestern zu einer unvergesslichen Reise in die Vergangenheit werden lässt.

Passagiere der Nacht

Di 13.6. (18 und 20 Uhr) / Do 15.6. (17:30) / So 18.6. (13:00)

Passagiere der Nacht (LES PASSAGERS DE LA NUIT)

Frankreich 2022; Regie: Mikhaël Hers; Darsteller*innen: Charlotte Gainsbourg, Quito Rayon Richter, Thibault Vinçon, Emmanuelle Béart, Lilith Grasmug; FSK: ab 12; 111 Minuten

In der Wahlnacht 1981 wird auf den Straßen von Paris gefeiert. Es herrscht eine Atmosphäre der Hoffnung und des Wandels. Aber für Elisabeth geht ihre Ehe zu Ende, und sie muss nun für sich und ihre beiden Kinder im Teenageralter sorgen. Sie findet Arbeit bei einer Late-Night-Radiosendung und trifft auf Talulah, einen heimatlosen Teenager, den sie zu sich nach Hause einlädt. Hier erfährt Talulah zum ersten Mal die Wärme einer Familie. Ihr freier Geist hat einen bleibenden Einfluss auf die Familie: Elisabeth und ihre Kinder gewinnen den Mut, ihr Leben neu zu erfinden.

Nach seinem Film Amanda verzaubert uns Regisseur Mikhaël Hers mit einem intimen und fesselnden Familienporträt, das die scheinbar alltäglichen Momente des Familienmiteinanders ebenso liebevoll einzufangen vermag wie die somnambule Stimmung von Sinnlichkeit und Melancholie der Late-Night-Radionächte.

Ein Triumph

Di 6.6. (18 und 20 Uhr) / Do 8.6. (17:30) / So 11.6. (13:00)

Ein Triumph (Un Triomphe)

Frankreich 2020; Regie: Emmanuel Courcol; Darsteller*innen: Kad Merad, David Ayala, Lamine Cissokho, Sofian Khammes, Pierre Lottin, Wabinlé Nabié; FSK: ab 12; 106 Minuten

Was macht ein leidenschaftlicher Schauspieler, der mangels guter Rollenangebote kaum über die Runden kommt? Etienne übernimmt die Leitung der Theatertruppe eines Gefängnisses, um ihr neuen Schwung zu verleihen. Schlimmer als die Arbeitslosigkeit kann es ja nicht werden. Es interessiert ihn nicht, für welche Verbrechen sie einsitzen. Er sieht in ihnen fünf Schauspieler, deren natürliche Begabung um jeden Preis gefördert werden muss. Eingangs stellen die fünf sich noch stur. Ihr Regisseur muss all seine Energie aufbieten, um sie zu motivieren und appelliert an ihren Stolz. Nachdem sie bei der Aufführung von Fabeln ihre Bühnentüchtigkeit bewiesen haben, ist der Ehrgeiz des Lehrers unwiderruflich geweckt. Jetzt will er mit ihnen Samuel ­Becketts »Warten auf Godot« aufführen. Jede Wahrscheinlichkeit spricht dagegen. Ein Stück ohne Handlung? Die Fabeln hatten wenigstens eine Moral! Aber Etiennes Logik ist einfach: Die fünf kennen sich mit dem Warten aus. Das Abwesende spielt in ihrem Leben die Hauptrolle.

Ein Triumph
ist ein realistisch inszenierter Film über die Absurditäten des Alltags und des Justizsystems: Er zeigt die befreiende und erhebende Wirkung, die eine Kunstform wie das Theater angesichts solcher Absurditäten haben kann. Das Theater bietet einen Ausweg, der Verzweiflung zu entrinnen. Am Ende ist dieser Ausweg absurder, als Beckett es sich jemals erträumt hätte.

Mehr denn je

Di 30.5. (18 und 20 Uhr) / Do 1.6. (17:30) / So 4.6. (13:00)

Mehr denn je (Plus que jamais)

Frankreich/Deutschland/Luxemburg/Norwegen 2022; Regie: Emily Atef; Darsteller*innen: Vicky Krieps, Gaspard Ulliel, Bjorn Floberg, Sophie Langevin; 122 Minuten

Hélène ist krank. Sie leidet an einer seltenen Lungenkrankheit, die das Atmen immer schwieriger macht und unweigerlich zum Tod führen wird. Eine Lungentransplantation könnte ihr Leben für eine gewisse Zeit verlängern, eine Hoffnung, an die sich ihr Mann Mathieu klammert.

Während sie sich von Freunden und Familie mit ihren Lebenserwartungen entfernt, findet sie im Netz eine verwandte Seele, den Blogger, der unter dem Pseudonym Mister ebenfalls mit einer tödlichen Krankheit ringt. Seine Einträge berühren sie mehr als die Fürsorge ihres Partners, der auf die Chance eines medizinischen Eingriffs mit unsicherer Erfolgschance setzt. „Die Lebenden und die Sterbenden haben einander nichts zu sagen“, erklärt Mister. Plötzlich weiß sie, das ist ihr Weg, sie muss allein mit ihrem Sauerstoffgerät zu Mister und in die abgelegene, kristallklare Schönheit der norwegischen Fjorde.

Wie Mathieu langsam akzeptiert, dass sein Festhalten an vagen Hoffnungen Hélène mehr belastet als ihr nahender Tod, dass sie bereit ist für den Tod und der größte Beweis seiner Liebe nicht ein Festhalten, sondern das Loslassen ist – das lässt den Film zu einem anrührenden Liebesfilm werden, obwohl oder gerade weil er im Angesicht des Todes spielt.

Emily

Di 23.5. (18 und 20 Uhr) / Do 25.5. (17:30) / So 28.5. (13:00)

Emily

GB 2022; Regie: Frances O’Connor; Darsteller*innen: Emma Mackey, Alexandra Dowling, Oliver Jackson-Cohen, Fionn Whitehead; FSK: ab 12; 140 Minuten

Emily Brontë wächst als Tochter eines Pfarrers im ländlichen Yorkshire auf. Das störrische, ernste Mädchen gilt im Ort als sonderbar. Am wohlsten fühlt sich Emily in der Natur – und in ihrer Fantasiewelt: Wenn sie sich gemeinsam mit ihren Geschwistern Geschichten ausdenkt, blüht die Außenseiterin auf. Doch für solche „Spinnereien“ ist kein Platz mehr: Die Brontë-Schwestern müssen zum Familienunterhalt beitragen. Emily soll Gouvernante werden, genau wie ihre vernünftige ältere Schwester Charlotte. Der Erwartungsdruck setzt der scheuen Emily zu. Nur ihr rebellischer Bruder Branwell, der lieber zügellose Partys feiert als Vaters Ansprüchen zu genügen, versteht sie. In ihrem neuen Hauslehrer William Weightman findet Emily überraschend einen Verbündeten. Die zwei fühlen sich unwiderstehlich zueinander hingezogen. Doch sogar William sind Emilys Eigensinn und ihre Leidenschaft für das Schreiben unheimlich.

Sie hat eine der größten Liebesgeschichten der Welt geschrieben: Sturmhöhe (Originaltitel: Wuthering Heights) wurde vielfach verfilmt. Kate Bush verewigte das tragische Paar Cathy und Heathcliff in ihrem Hit Wuthering Heights. Mit ihrem ersten und einzigen Roman schuf Emily Brontë (1818-1848) einen Klassiker der Weltliteratur. 

Grump

Di 16.5. (18 und 20 Uhr) / Do 18.5. (17:30) / So 21.5. (13:00)

Grump

Deutschland/Finnland 2022; Regie: Mika Kaurismäki; Darsteller*innen: Heikki Kinnunen, Likka Forss, Kari Väänänen, Samu Haber; FSK: o. A.; 109 Minuten

Kennen sie auch einen Grantigen? Alter: um die 72, notorisch schlecht gelaunt… Die Tage verbringt er mit der Suche nach Dingen, über die er sich ärgern kann. Valentinstag? Neumodischer Unsinn. Pasta mit Pesto? Exotischer Kram! Digitalisierung? Macht nur noch mehr Probleme!

Aber was verbirgt sich hinter seiner harten Schale? Seit seine Frau starb und seine beiden Söhne mit Familien aus Helsinki ihn nur sehr selten auf der runtergekommenen Farm besuchten, findet er alles sinnlos. Und dann wollte ihm sein Arzt noch den Führerschein entziehen …

Grump wollte Schluss machen, doch die ungewollte Schwangerschaft seiner Enkelin hauchte ihm wieder Lebensmut ein. Und jetzt ist er auf der Suche nach einem roten 72er Ford Escort, denn seinen alten hat er zu Schrott gefahren. Ein neumodischer Wagen? Niemals. Für einen roten 72er Ford Escort muss er nach Deutsch­land, wohin vor Jahrzehnten sein Bruder Tarmo ohne ein Wort des Abschieds zog. Seitdem hat Grump nicht mehr mit ihm gesprochen, und so wird aus einem einfachen Autokauf ein emotionaler Roadtrip durch Deutschland.

Mika Kaurismäkis sympathischer Film ist eine Geschichte über Versöhnung und Vergebung, irgendwo zwischen Trost und Aufarbeitung und zwischen Albernheit und Nachdenklichkeit. Wer eine Mischung aus bittersüßem Humor und Besinnlichkeit mag, der ist hier genau richtig!

Die stillen Trabanten

Di 9.5. (18 und 20 Uhr) / Do 11.5. (17:30) / So 14.5. (13:00)

Die stillen Trabanten

Deutschland 2022; Regie: Thomas Stober; Darsteller*innen: Nastassja Kinski, Albrecht Schuch, Martina Gedeck, Peter Kurth, Irina Starshenbaum, Charly Hübner; FSK: ab 12; 120 Minuten

Es sind leise Begegnungen am Rande der Stadt, die abseits der Großstadtlichter die Schwere des Alltags für einen Moment vergessen lassen. Nacht für Nacht kehren die Unscheinbaren an die Orte ihrer Sehnsucht zurück: Imbissbesitzer Jens verliebt sich bei der nächtlichen Zigarette im Treppenhaus in seine Nachbarin Aischa, während Wachmann Erik auf seinem Routinerundgang durch das Ausländerwohnheim Gefühle für die junge Marika entwickelt. Auch Reinigungskraft Christa und Friseurin Birgitt haben sich mit ihrem wenig glanzvollen Alltag und der Einsamkeit weitgehend arrangiert und nutzen die Abende, um ihr Recht auf Nähe und Träume einzufordern. Drei Geschichten, ein gemeinsamer Wunsch: ein Funken Liebe, ein Hauch von Zuneigung und das Gefühl der Geborgenheit.

Es ist nicht einfach, »einfache« Menschen zu zeichnen und zu spielen, doch in Die stillen Trabanten verbinden sich mehrere Lebensepisoden zu einem aussagekräftigen, stimmungsvollen Film, auch Malocher haben Träume und Visionen und sind eigentlich ganz empfindsame Menschen. Regisseur Thomas Stuber und Schriftsteller Clemens Meyer sind ein Team, auf das man sich verlassen kann. Nach Herbert und In den Gängen haben sie wieder einen komplexen Film über »einfache« Leute gedreht.

Unruh

Di 2.5. (18 und 20 Uhr) / Do 4.5. (17:30) / So 7.5. (13:00)

Unruh

Schweiz 2022; Regie: Cyril Schäublin; Darsteller*innen: Clara Gostynski, Alexei Evstratov; FSK: 6; 98 Minuten

Ein Tal in der Nordwestschweiz im Jahr 1877. Josephine arbeitet in einer Uhrenfabrik, wo sie die Achse der Unruhe herstellt, ein winziges Stück, das den Schwung in der Mitte der mechanischen Uhr verursacht. Da Josephine Schwierigkeiten hat, ihre Gemeindesteuern zu bezahlen, ist sie unzufrieden mit der Organisation von Arbeit und Besitz im Dorf und in der Fabrik und schließt sich der anarchistischen Arbeiterbewegung der örtlichen Uhrmacher, der Fédération Jurassienne, an. Dort lernt sie Piotr Kropotkin kennen, einen schwermütigen russischen Reisenden. Ihre Begegnung fällt in eine Zeit, in der die Zeitmessung, die Fotografie und der Telegraf die soziale Ordnung verändern und anarchistische Erzählungen mit einem aufkommenden Nationalismus konkurrieren. Bei einem Waldspaziergang fragen sich Josephine und Piotr: Sind Zeit, Geld und Staat nicht alles nur Fiktionen?

Der Filmemacher Cyril Schäublin erzählt von den sozialen Widersprüchen mit großer Gelassenheit und bietet der angehenden Hektik, die uns heute plagt, künstlerisch Paroli. Was für ein vielschichtiges, sympathisches und trotz des historischen Hintergrunds gegenwärtiges Filmkunstwerk.

The Banshees of Inisherin

Di 25.4. (18 und 20 Uhr) / Do 27.4. (17:30) / So 30.4. (13:00)

The Banshees of Inisherin

Irland/Großbritannien/USA 2022; Regie: Martin McDonagh; Darsteller*innen: Colin Farrell, Brendan Gleeson, Kerry Condon, Barry Keoghan; FSK: ab 16; 114 Minuten

Martin McDonagh erzählt in der einzigartigen Landschaft der irischen Aran Inseln eine märchenhafte Fabel über Freundschaft, Verrat und Einsamkeit. Brendan Gleeson und Colin Farrell spielen vor dem Hintergrund des irischen Bürgerkrieges 1923 zwei Trinkbrüder, die sich bitter verstreiten.

Auf der kleinen Insel Inisherin vor der Westküste des Landes ist die Zeit quasi stehengeblieben. Es passiert nicht viel im nebeligen Einerlei der Tage, und da ist es schon eine Sensation, wenn Colm beschließt, seinen langjährigen besten Freund Pádraic einfach nicht mehr zu mögen. Täglich trinken sie im örtlichen Pub ihr Bier zusammen, bis eines Tages Colm sich von Pádraic abwendet – ohne ersichtlichen Grund. Colm will komponieren, etwas hinterlassen, was die Zeit überdauert. Und Colm meint es ernst. Sollte Pádraic ihn weiter belästigen, werde er sich einen Finger nach dem anderen abschneiden. Die Geister, so scheint es, haben sich seiner bemächtigt. Was bei dem Einen verzweifelte Versuche der Wiederannäherung auslöst, sorgt bei dem Anderen für immer krassere Maßnahmen, um den Kontakt abzubrechen… Zusammengehalten wird all das von tiefschwarzem Bier und der Musik, für die im Film der großartige Carter Burwell sorgt.

Die schwarzhumorige Tragikomödie über die menschliche Eigenart, sich selbst das Leben zur Hölle zu machen, vom preisgekrönten Regisseur von Three Billboards Outside Ebbing, Missouri intelligent inszeniert, war für 9 Oscars nominiert.

Halleluhja: Leonard Cohen

Di 18.4. (18 und 20 Uhr) / Do 20.4. (17:30) / So 23.4. (13:00)

Hallelujah: Leonard Cohen, a Journey, a Song

USA 2022; Filmemacher*innen: Daniel Geller und Dayna Goldfine; Biographie-Doku, FSK 0; 118 Minuten

Leonard Cohen, geboren 1934, kanadischer Dichter, Maler und Singer-Songwriter, hat diese und jene Hits geschrieben und ist 2016 gestorben. So ungefähr hätte man eine Dokumentation über Leonard Cohen machen können – doch glücklicherweise haben die Filmemacher*innen Daniel Geller und Dayna Goldfine einen anderen Weg gewählt. Hallelujah: Leonard Cohen, a Journey, a Song ist tatsächlich eine Reise durch die faszinierende Geschichte des Songs. Dabei dient das Lied im Film als roter Faden für die Biographie Cohens: Ein suchender Philosoph mit Schaffenskrisen, ein Stehaufmännchen, zeitweise Mönch, dann aber auch in seinen späten Jahren ein Sänger mit erstaunlichem Comeback. Der Film ist eine interessante Tour in die Vita und die aufregende Karriere des Künstlers. Viele Fakten kennen Cohen-Fans natürlich schon längst, aber auch sie können dazulernen, während sie intensiv in Hallelujah eintauchen.

Als Cohen den Song 1984 rausbringen wollte, weigert sich seine Plattenfirma das dazugehörige Album Various Positions zu veröffentlichen. Nicht gut genug, heißt es da – dabei hatte der Singer-Songwriter schier endlos an dem Lied gefeilt: Schätzungsweise 150 Strophen hatte Cohen geschrieben und verworfen.

Der Film basiert auf dem Buch The Holy Or The Broken aus dem Jahr 2012 von Alan Light. Kurz vor Cohens Tod 2016 begannen die Filmemacher*innen mit Interviews. Mehr als 100 Stunden mit Archiv- und Audiomaterial haben sie durchgearbeitet, dazu kamen knapp 70 Stunden Interviewmaterial. Ein enormer Aufwand, den sie zu zwei Stunden Film zusammengeschnitten haben. Diese Arbeit hat sich gelohnt!